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Koordinatenmessgeräte mit Portal

Portalbauweise für große Messbereiche

Für Messbereiche größer als etwa 400 mm wird die Bauweise als Portalgerät wirtschaftlich. Allen Portalgeräten ist gemeinsam, dass die Pinole mit den Sensoren an einer torartigen Basisstruktur vertikal und horizontal verschiebbar angeordnet ist. Die dritte erforderliche Bewegungsrichtung wird durch Verschieben des gesamten Portals oder eines Messtisches realisiert. Geräte mit festem (Abb. 38c) oder bewegtem (Abb. 38d) Portal unterscheiden sich in verschiedenen Eigenschaften, z. B. in der Genauigkeit und im Platzbedarf.

<p>Abb. 38: Gerätebauweisen: a) Kreuztisch b) Führungen in einer Ebene c) festes Portal d) bewegtes Portal e) Computertomografie-Sensorik f) Gerät mit horizontal angeordneter Sensorik und Drehtisch</p>

Führungen: mechanisch oder luftgelagert

Die Führungssysteme können mechanisch, z. B. mit Profilschienen-Wälzführungen (Abb. 42), oder als Luftlagerführungen ausgeführt sein. Mechanische Führungssysteme eignen sich für den Einsatz in der Produktionsumgebung, da sie weitgehend unempfindlich gegen Verschmutzungen sind. Die Reproduzierbarkeit der Führungsabweichungen erreicht wegen der beweglichen Wälzkörper allerdings nicht die hohe Qualität der Luftlagerführungen. Dies beschränkt die erreichbare Systemgenauigkeit. Bei höheren Genauigkeitsanforderungen werden deshalb Luftlager eingesetzt. Die hochgenauen Führungsbahnen bestehen hierfür vorzugsweise aus natürlichem Hartgestein (Granit).

Führungen: mechanisch oder luftgelagert
<p>Abb. 42: ScopeCheck® FB DZ: Messgerät für die Fertigungskontrolle</p>

Luftlagerung ist genauer

Auf ihnen gleiten die beweglichen Komponenten auf einem Luftpolster von wenigen Mikrometern Dicke fast reibungsfrei. Die Kräfte zum Bewegen der Messschlitten sind somit sehr klein. Die deshalb geringe Hysterese führt zu guter Reproduzierbarkeit der Positioniervorgänge und bildet eine wichtige Grundlage für hohe Genauigkeiten. Durch die luftgefederte Anordnung einiger Lager kann eine konstante Vorspannung des gesamten Führungssystems auch bei großen Temperaturschwankungen erreicht werden.

Koordinatenmessgeräte mit bewegtem Portal

Große Messbereiche kostengünstig realisiert

Koordinatenmessgeräte mit bewegtem Portal verkörpern das derzeit am häufigsten realisierte Konstruktionsprinzip großer Geräte. Durch die Integration aller drei Messachsen in das bewegte Portal bleibt das Werkstück während der Messung in Ruhe. So können auch sehr schwere Werkstücke gemessen werden. Derartige Geräte werden vorzugsweise nur mit taktiler Sensorik ausgestattet. Die aufeinander angeordneten bewegten Achsen begrenzen die zulässige Masse und somit den Einsatz komplexer Sensoranordnungen.

Durchlicht im gesamten Messbereich

Das Einbringen einer hochwertigen Durchlichtbeleuchtung für den gesamten Messbereich, wie sie für Koordinatenmessgeräte mit Bildverarbeitung oft notwendig ist, erfordert relativ aufwendige konstruktive Maßnahmen. Es gibt hierfür drei prinzipielle Möglichkeiten:

  • Flächenleuchtfeld in der Größe des Messbereichs
  • mit dem Portal bewegtes Linienleuchtfeld
  • in zwei Achsen bewegtes punktförmiges Leuchtfeld.

Der Platzbedarf für das Messgerät ist wegen des stationären Messtisches geringer als bei einem Gerät mit festem Portal, bei dem als Bewegungsraum für den Messtisch mindestens die doppelte Größe des Messbereichs benötigt wird. Bei bewegtem Portal kommt zum Messbereich nur die erforderliche Führungslänge für das Portal bzw. den Sensorschlitten hinzu, die jeweils durch den Abstand zwischen den Luftlagern (bzw. Führungswagen bei mechanischen Führungen) in Bewegungsrichtung definiert sind. Deshalb werden Geräte mit größerem Messbereich überwiegend mit bewegtem Portal ausgeführt. Abbildung 43 zeigt Beispiele solcher Geräte. Der Glastisch und die linienförmige Durchlichteinrichtung wirken im gesamten Messbereich. Sie können für die Messung großer und schwerer Teile leicht entfernt werden.

Durchlicht im gesamten Messbereich
<p>Abb. 43: ScopeCheck® MB: Portalmessgeräte mit bewegter Brücke</p>
Koordinatenmessgeräte mit festem Portal

Stabiler Aufbau mit festem Portal

In Koordinatenmessgeräten mit feststehendem Portal sind die beiden Hauptbewegungsachsen voneinander unabhängig. Die Antriebssysteme und Maßstäbe aller drei Achsen können zentral angeordnet werden. So wird das Komparatorprinzip weniger verletzt. Dies führt in Verbindung mit hoher Steifigkeit zu geringen Stabiler Aufbau mit festem Portal Messunsicherheiten.

Mehrere Pinolen für kollisionsfreies Messen

Der insgesamt stabilere Aufbau ist für das Anordnen mehrerer Sensoren an einer Pinole gut geeignet und erleichtert auch den Einsatz mehrerer Pinolen. Der Sensorwechsel erfolgt dabei durch Ein- und Ausfahren der betreffenden Pinole. Die deaktivierten Sensoren können das freie Positionieren des aktiven Sensors nicht durch Kollision mit dem Messobjekt behindern. Besonders vorteilhaft für optische und Multisensor-Koordinatenmessgeräte ist die einfache Integrierbarkeit von Durchlicht -Beleuchtungssystemen. Diese können durch den Einsatz spezieller Optiken optimiert werden (s. Bildverarbeitungssensoren, S. 13 ff.).

Messunsicherheit unter 1 µm

Im Messbetrieb wird das Messobjekt auf die Glasplatte des Messtisches aufgelegt oder in einer Vorrichtung auf dem Messtisch befestigt. Die mit dieser Geräteklasse erreichbaren Messunsicherheiten liegen unter 1 µm. Beim Einsatz ist allerdings zu beachten, dass nicht alle Sensoren die gleiche geringe Antastabweichung aufweisen. Die Gerätebauweise ist bis zu Messbereichen von ca. 2000 mm × 2000 mm × 1000 mm sinnvoll. Auch kleine Messbereiche können in ähnlicher Bauform realisiert werden. Auf den Durchlass im Portal für den Messtisch kann dann verzichtet und das Portal durch eine Platte ersetzt werden.

Linearantriebe für hohe Messgeschwindigkeiten

Linearantriebe optimieren die Messgeschwindigkeit von Portalgeräten für den Einsatz in der Fertigungsüberwachung. Mit solchen Antriebssystemen lassen sich die Sensorik und/oder das Messobjekt mit 10 m/s2 (etwa 1 g) beschleunigen. Es können pro Sekunde mehrere Positionen am Teil angefahren und gemessen werden. Die Messunsicherheiten sind mit denen von Standardgeräten vergleichbar. Auch für Geräte mit besonders hohen Genauigkeitsanforderungen hat sich die Bauweise mit festem Portal und Luftlagerung bewährt. Durch die hervorragende Reproduzierbarkeit der Führungen können Abweichungen sehr gut rechnerisch korrigiert werden. Die resultierenden Messabweichungen sind sehr gering. Vergleichbare Genauigkeiten können alternativ mit Spezialanordnungen erreicht werden, die jedoch kleinere Messbereiche zulassen bzw. sehr hohe Kosten verursachen.

Genauestes Koordinatenmessgerät mit Multisensorik

Beispielsweise ist der VideoCheck® UA das wohl derzeit genaueste Koordinatenmessgerät mit Multisensorik und verfügt über einen Messbereich von 400 mm × 400 mm × 250 mm. Um Schwingungen zu eliminieren, ist der Granitaufbau besonders stabil ausgeführt und in horizontaler und vertikaler Richtung in aktiven Schwingungsdämpfern gelagert. Als Wegmesssysteme werden temperaturstabile Glaskeramikmaßstäbe mit einer Auflösung kleiner 1 nm und eine hochauflösende Temperaturkompensation eingesetzt. Umwelteinflüsse wie Temperatur, Luftdruck und Luftfeuchte sind hierdurch geringer als bei alternativen Laserwegmesssystemen. Spezielle Luftlager mit geringer Eigenschwingung und spezielle konstruktive Maß- nahmen zur Reduzierung der systeminternen Reibung dienen der Optimierung der Reproduzierbarkeit. Die Antriebe sind von den Messschlitten entkoppelt, um den Einfluss auf die Führungen zu minimieren. In Verbindung mit einer hochgenauen Software-Geometriekorrektur können Längenmessabweichungen von etwa 0,1 µm erzielt werden. Um diese Fähigkeit des Geräts auszunutzen, sind Sensoren mit entsprechend geringer Antastabweichung notwendig. Hierfür sind Bildverarbeitungssensoren, der Werth Fasertaster® und einige Abstandssensoren geeignet. Die Anwendungen liegen insbesondere bei Objekten mit Toleranzen im Bereich weniger Mikrometer.

Mikrostrukturen auch an großen Werkstücken

Diese ergeben sich in der Mikromechanik, in besonderen Fällen aber auch im Fahrzeug- und Werkzeugbau sowie im allgemeinen Maschinenbau. Da häufig auch an großen Werkstücken präzise Merkmale vorhanden sind, benötigt man oft relativ große Messbereiche. Diese lassen sich mit Portalgeräten gut realisieren.