Abb. 53: Abnahmeprotokoll für die Längenmessabweichung eines hochgenauen Multisensor-Koordinatenmessgeräts (Werth VideoCheck® 400 HA).

Spezifikation und Annahmeprüfung

Die wichtigste Eigenschaft eines Koordinatenmessgeräts ist sein Beitrag zur erzielbaren Messunsicherheit in einem Messprozess. Der Anwender muss verschiedene Geräte miteinander vergleichen, Einkaufsbedingungen definieren und die Funktion kontrollieren können. In der Normenreihe DIN EN ISO 10360 werden hierfür Spezifikationen definiert und Verfahren beschrieben, diese zu überprüfen. Diese Norm beschränkt sich derzeit auf taktile Sensoren. Die Integration optischer Sensoren basiert auf den gleichen Grundlagen und ist in Vorbereitung. Im Prinzip konzentriert sich die Überprüfung von Koordinatenmessgeräten auf zwei Kenngrößen: die Antastabweichung und die Längenmessabweichung.
Die Prüfung der Antastabweichung dient zur Charakterisierung des Verhaltens der verwendeten Sensoren und der Reproduzierbarkeit einer Messung. Hierzu wird eine kalibrierte Kugel mit einer vorgegebenen Anzahl von Messpunkten gemessen und aus der Spanne der Einzelpunkte um das Ausgleichselement Kugel ein Grenzwert (Antastabweichung) ermittelt. Auf die Besonderheiten bei der Prüfung optischer Sensoren wird in den VDI/VDE-Richtlinien 2617, Blattreihe 6 eingegangen.
Bei mechanischen Tastern wirken vorrangig die Tastkugel selbst, das Durchbiegen des Schafts sowie Nichtlinearitäten und Umkehrspiele im Messkopf leistungsbegrenzend, bei optischen Sensoren ihre Auflösung, die optische Vergrößerung der Objektive, die Schärfentiefe beim Messen mit dem Autofokus und, im Fall von Lasersensoren, z. B. auch der Reflexionsgrad der Materialoberfläche. Vom Gerät selbst gehen vorrangig die Auflösung der Maßstäbe und das Schwingungsverhalten ein. Während die Kugel mit taktilen Sensoren bidirektional von allen Seiten angetastet werden kann, ist bei manchen optischen Sensoren nur ein unidirektionales Antasten möglich. Um ebenfalls ein bidirektionales Antasten zu ermöglichen, muss ein Dreh-Schwenk Gelenk eingesetzt werden, das mit zu überprüfen ist.

Die Längenmessabweichung erfasst sowohl das Antastverhalten des Sensors als auch die durch mechanische Führungsabweichungen, Softwaregeometriekorrektur und das Temperaturverhalten bedingte längenabhängige Messabweichung. Sie wird nach der DIN EN ISO 10360-2 durch Messung von Längen an Parallel- oder Stufenendmaßen geprüft (Abb. 53).

Die Messung von Endmaßen ist mit allen taktilen Sensoren und auch mit dem Werth Fasertaster möglich. Zur Überprüfung der Längenmessabweichung mit anderen optischen Sensoren wird nach ähnlichen Verfahren vorgegangen, allerdings unter Verwendung anderer Normale. Bei der Messung mit einer Bildverarbeitung werden die Endmaße durch Maßstäbe aus Glas mit Strichen aus aufgedampftem Chrom ersetzt. Die Messung erfolgt analog zur Messung des Stufenendmaßes. Bei ein- und mehrdimensionalen Abstandssensoren ist ein bidirektionales Antasten von Endmaßen, wie eigentlich gefordert, nicht möglich. In diesem Fall können Kugelplatten oder Kugelstäbe herangezogen werden. Um die Vergleichbarkeit zu taktilen Messungen an Endmaßen zu gewährleisten, ist jedoch bei dieser Messmethode eine mathematische Korrektur vorzunehmen. Diese berücksichtigt, dass bei der Messung von Endmaßen ein Fehler in der Sensorkalibrierung (falscher Tastkugeldurchmesser, falscher Nullpunkt des Lasers, falsche Vergrößerung) das Messergebnis beeinflusst, bei der Kugelmessung dagegen nicht. Zugleich wird der durch Antastung der Kugel mit vielen Messpunkten erzielte Mittelungseffekt im Ergebnis korrigiert.
Die Gerätespezifikation hängt stark von der eingesetzten Sensorkonfiguration ab. Bei allen Annahmeprüfungen ist daher darauf zu achten, dass die im Datenblatt spezifizierte Sensorkonfiguration eingehalten wird. Weicht die Sensorkonfiguration ab, sind zusätzliche Beiträge zur Messunsicherheit zu erwarten. Hierauf wird im nächsten Abschnitt detailliert Bezug genommen.