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Koordinatenmessgeräte mit Drehachsen

Rundum in einer Einspannung messen

Alle bisher beschriebenen Gerätebauweisen erlauben das Einbinden von Drehachsen oder Dreh-Schwenk-Achsen. So werden mehrere Ansichten der Werkstücke für die Sensorik zugänglich und die Messobjekte können rundum in einer Einspannung gemessen werden (Abb. 44). Die Lage und Bewegung dieser Achsen und der Werkstücke werden beim Messen vollständig berücksichtigt. Es ist deshalb möglich, Merkmale aus verschiedenen Dreh- bzw. Schwenkpositionen zu messen und die Ergebnisse dreidimensional miteinander zu verknüpfen.

<p>Abb. 44: Dreh-Schwenk-Achse für das Messen von Stents</p>

Vertikale Drehachse ist optimal

Die Drehachse kann sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Orientierung eingebunden werden. Geräte mit horizontaler Drehachse erlauben eine Kranbeladung bei großen und schweren Werkstücken sowie einfache Handhabung kleiner rotationssymmetrischer Werkstücke. Für das Messen langer zylindrischer Werkstücke haben sich spezielle Koordinatenmessgeräte mit integrierter vertikaler Drehachse und horizontal bewegter Pinole bewährt. Diese Bauweise ermöglicht das vertikale Einspannen der Werkstücke. Vorteile sind die Vermeidung einer Durchbiegung des Messobjekts, die gute Zugänglichkeit, eine nur axiale Belastung beim Einspannen zwischen Spitzen und der geringe Flächenbedarf bei langen Teilen.

Der Drehtisch wird gemeinsam mit dem Werkstück vertikal positioniert (x-Richtung). Eine oder zwei Pinolen sind gemeinsam auf einem Führungstisch gelagert (y-Richtung) und werden mit der Sensorik in Richtung der horizontalen Pinolenachsen (z-Richtung) bewegt (s. Abb. 38f).

Vertikale Drehachse ist optimal
<p>Abb. 38: Gerätebauweisen: a) Kreuztisch b) Führungen in einer Ebene c) festes Portal d) bewegtes Portal e) Computertomografie-Sensorik f) Gerät mit horizontal angeordneter Sensorik und Drehtisch</p>

Rundlaufabweichung vernachlässigbar

Geräte mit horizontaler Pinole können für Werkstattmessaufgaben mit mechanischer Lagerung (Abb. 45) oder − z. B. für die Messung von Präzisionswerkzeugen − mit Luftlagern ausgeführt werden (Abb. 46). Dies gilt ebenso für die Drehachsen. Mit einer Luftlagerung lassen sich Rundlaufabweichungen kleiner als 0,1 µm erreichen. Für präzise Teilungsmessungen wie an Wälzfräsern kann die Drehachse mit besonders genauen Winkelmesssystemen ausgestattet werden. Die Geräte sind auch mit zwei Pinolen für Multisensoranwendungen verfügbar.

Rundlaufabweichung vernachlässigbar
<p>Abb. 45: ScopeCheck® V: Koordinatenmessgerät mit horizontaler Pinole, mechanisch gelagert – Messung einer Welle mit Verzahnung</p>

Zahnräder, Wellen und Werkzeuge

Diese spezielle Gerätebauweise wird für das Messen von Zahnrädern, Wellen und Schneidwerkzeugen eingesetzt. Das Spektrum der Wellenmessung reicht von Motor- und Getriebewellen bis zu Wellen für Luxusuhren. Die Messungen aller Durchmesser, Freistiche, Nuten und Lauftoleranzen können berührungslos mit dem Bildverarbeitungssensor erfolgen. Planlaufmessungen und Messungen an Bohrungen und Verzahnungen erfordern taktile Sensoren. Eine schnelle Komplettmessung in einer Aufspannung ist deshalb nur mit Multisensor-Koordinatenmessgeräten möglich. Bei der Werkzeugmessung liegt der Schwerpunkt im oft sehr genauen Messen der Schneidkanten oder im Scannen der Wirkkontur (s.Messen während der Bewegung, S. 95 f.) bezogen auf den Werkzeugschaft mit einem Bildverarbeitungssensor

Zahnräder, Wellen und Werkzeuge
<p>Abb. 46: VideoCheck® V: Koordinatenmessgerät mit horizontaler Pinole und Luftlagerung. Hier: Messung des Profils eines Wälzfräsers »hinter der Schneide« mit dem Fasertaster</p>

Werkstücktaumel wird korrigiert

Letzteres wird bei Verwendung von Drehachsen durch Einmessen der Werkstückachse und Taumelkorrektur oder durch das Drehen des Werkzeugs in einer Drehvorrichtung mit V-förmiger Nut realisiert. Die Messung der Frei- und Spanflächen oder der Spitzengeometrie wird mit Tastern (Fasertaster für Mikrowerkzeuge) oder optischen Abstandssensoren (Lasersensor, chromatische Fokussensoren) durchgeführt. Für verschiedene Werkzeugabmessungen müssen möglichst schnell Messergebnisse vorliegen. Hierzu dienen Parameterprogramme, d. h. allgemeine Programmabläufe für jeweils eine ganze Werkzeugklasse wie z. B. Stufenbohrer, Spiralbohrer, Gewindebohrer und Wälzfräser. Im Programm für Wälzfräser ist z. B. der Messablauf für einen allgemeinen Wälzfräser entsprechend der Norm DIN 3968 hinterlegt.

Erfassen der Wirkkontur

Die Konturen von Schleifscheiben, Abrichtrollen und Formfräsern werden nach dem Wirkkontur-Scanning mit CAD-Daten verglichen. Über die Qualitätsprüfung hinaus werden dabei auch Korrekturdaten für den Schleifprozess des Werkzeugs gewonnen.

Werkzeugvoreinstellgeräte

In der Werkzeugmesstechnik wird zwischen der Werkzeugvoreinstellung und der Werkzeugmessung unterschieden. Das Voreinstellen dient zum Ausrichten des Werkzeugs in der Bearbeitungsmaschine. Da Abweichungen von einigen Hundertstelmillimetern meist akzeptabel sind, verfügen Werkzeugvoreinstellgeräte über eine geringere Messgenauigkeit und können so sehr kostengünstig hergestellt werden. Ihre Bauweise unterscheidet sich von Werkzeug-Messgeräten u. a. durch die Verwendung temperaturempfindlicher Werkstoffe anstelle von Hartgestein.

Werkzeugmessgeräte sind genauer

Der Werkzeughersteller und auch die Wareneingangskontrolle des Anwenders müssen hingegen sicherstellen, dass die Werkzeuge den geometrischen Anforderungen entsprechen. Auch um für den Herstellungsprozess der Werkzeuge Korrekturwerte zu generieren, sind beim Erfassen der Werkzeugmaße Genauigkeiten im untersten Mikrometerbereich, teilweise sogar im Submikrometerbereich erforderlich. Für diese präzise Werkzeugmessung reicht die Genauigkeit von Werkzeug-Voreinstellgeräten nicht aus.