Spanabhebende Werkzeuge
Für die Bearbeitung von Metallwerkstücken werden überwiegend spanabhebende Verfahren eingesetzt. Steigende Anforderungen hinsichtlich Präzision, Standzeit und Bearbeitungsgeschwindigkeit erfordern eine immer genauere messtechnische Erfassung der Werkzeuggeometrie. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn bestimmte Abmessungen der Werkzeuge direkten Einfluss auf die Gestalt der zu fertigenden Teile haben, so z. B. der Durchmesser von Bohrern und Reibahlen, die Form des Gewindes von Gewindebohrern oder die gesamte Kontur von Formfräsern. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, zwischen der Werkzeugvoreinstellung und der Werkzeugmessung zu unterscheiden. Für beide Aufgabenstellungen ergeben sich unterschiedliche Genauigkeitsanforderungen, die sich nur mit dementsprechend unterschiedlichen Gerätelösungen erfüllen lassen.
Beim Voreinstellen wird die Position bestimmter Merkmale des Werkzeugs relativ zur Aufnahme gemessen. Dies dient zum Ausrichten des Werkzeugs in der Bearbeitungsmaschine. Da Abweichungen in der Größenordnung von wenigen Mikrometern in der Regel nicht stören, verfügen Werkzeugvoreinstellgeräte über eine geringere Messgenauigkeit. Sie sind ganz auf den Anwender spanabhebender Werkzeuge in der Fertigung zugeschnitten.
Der Werkzeughersteller und auch die Wareneingangskontrolle des Anwenders müssen sicherstellen, dass die Werkzeuge den geometrischen Anforderungen entsprechen. Um diese mit ausreichender Genauigkeit prüfen zu können, werden hochgenaue Messgeräte benötigt. Auch um für den Herstellungsprozess der Werkzeuge Korrekturwerte zu generieren, sind beim Erfassen der Werkzeugmaße Genauigkeiten im untersten Mikrometerbereich, teilweise sogar im Submikrometerbereich erforderlich. Für diese präzise Werkzeugmessung reicht die Genauigkeit von Werkzeug-Voreinstellgeräten nicht aus. Deshalb werden hierzu Koordinatenmessgeräte mit Luftlagertechnik eingesetzt. Die funktionsbestimmenden Schneidkanten spanabhebender Werkzeuge lassen sich gut mit einer Bildverarbeitungssensorik in Verbindung mit einer Drehachse messen. Sie werden in die Achsschnittebene eingedreht, und in dieser Position erfolgt die hochgenaue Messung. Für die Messung der Freiflächen, Freiwinkel oder auch der Spitzengeometrie von Bohrern sind andere Sensoren erforderlich. Eine Möglichkeit besteht im Einsatz von berührenden Tastern. Da die Tastelemente relativ groß sind, ist die Messung insbesondere von kleineren Werkzeugen schwierig. Für hochpräzise Aufgaben ist der Werth Fasertaster gut geeignet. Mit dem 3D-Patch können Freiflächen komplett erfasst werden.
Die Generierung der Programmabläufe für die Werkzeugmessung stellt oft ein Problem dar. Für verschiedene Werkzeugabmessungen müssen möglichst schnell Messergebnisse vorliegen. Die Lösung liegt in Parameter-programmen, d. h. allgemeinen Programmabläufen für jeweils eine ganze Werkzeugklasse wie z. B. Stufenbohrer, Spiralbohrer, Gewindebohrer und Wälzfräser. Im Parameterprogramm für Wälzfräser ist z. B. der Messablauf für einen allgemeinen Wälzfräser entsprechend der Norm DIN 3968 hinterlegt. Über das Aufrufen der Artikelnummer oder das Anwählen der einzelnen Werkzeugparameter kann der Bediener verschiedene Wälzfräser vom einfachen Zahnstangenfräser bis zum Schneckenradfräser messen (Abb. 61).
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Um den speziellen Anforderungen hinsichtlich der Messgeschwindigkeit (sehr viele geometrische Merkmale am Wälzfräser; die Fertigung ist wegen der Messung gestoppt) gerecht zu werden, werden vorzugsweise Koordinatenmessgeräte mit Linearantrieb eingesetzt. Die schwenkbare Sensorik gestattet es, in die Gänge der Fräser hineinzublicken. Alle Parameter der Schneidkante des Fräserzahns wie z. B. die Eingriffsteilung und Profilform können optisch hochgenau gemessen werden. Das Messen der Spanflächenparameter und der Nutenteilung erfolgt mit mechanischen Tastern (Abb. 62). Mit diesem Aufbau ist es möglich, komplette Fräser mit einigen hundert Zähnen inklusive Profilprüfung in wenigen Minuten zu messen.
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Ein anderes Problem tritt beim Messen von Schleifscheiben und Abrichtrollen auf. Ihre wirksame Geometrie ist nicht durch eine einzelne Schneidkante, sondern durch die Überlagerung vieler Schneidelemente (Körner) beim Drehen der Schleifscheibe definiert. Die Messung der wirksamen Kontur erfolgt ebenfalls auf optischen Koordinatenmessgeräten mit Drehachsen. Hierzu werden die Konturen der Schleif- bzw. Abrichtscheiben in verschiedenen Drehlagen erfasst und mathematisch zu einer Hüllkurve überlagert.
Zu den typischen Messobjekten für optische Koordinatenmessgeräte gehören auch Wendeschneidplatten. Die Schneiden dieser Werkzeugelemente wurden früher mit Messmikroskopen und Messprojektoren hochgenau gemessen. Heute wird diese Aufgabenstellung durch Bildverarbeitungs-Koordinatenmessgeräte perfekt gelöst. Hohe Geschwindigkeit beim Scannen ist gepaart mit höchster Präzision. Als Auswerteverfahren eignet sich insbesondere die ToleranceFit®-Software. Die Schneidradien sind entscheidend für die Standzeit der Werkzeuge sowie für die Qualität der Endprodukte. Um die Radien in der Größe weniger Mikrometer zu messen, eignen sich der Foucault Lasersensor sowie das 3DPatch. Letzteres hat den Vorzug, dass viele Punkte auf einmal gemessen werden können.
Optische Koordinatenmessgeräte zur Werkzeugmessung werden auch zur direkten Korrektur des Herstellungsprozesses eingesetzt. Es ist z. B. möglich, die Kontur von Stufenbohrern mit optischen Koordinatenmessgeräten zu erfassen und anschließend mit den CAD-Daten zu vergleichen. Ähnlich wie beim Drahterodieren beschrieben, können Korrekturdaten für den Schleifprozess des Werkzeugs gewonnen werden. Diese fließen direkt in die Steuerung der Schleifmaschine ein. Man ist somit in der Lage, selbst höchste Präzisionsanforderungen an die Werkzeugherstellung zu erfüllen.