Genaues Messen mit Computertomografie

Um Maß, Form und Lage an einem Messobjekt mit ausreichender Genauigkeit messen zu können, ist es erforderlich, systematische Fehler der Tomografie zu korrigieren. Zu diesen systematischen Abweichungen führen mehrere verfahrensbedingte Effekte; allen gemeinsam ist die Abhängigkeit von verschiedenen Parametern wie u. a. der Kathodenspannung der Röntgenröhre und dem davon abhängigen Strahlungsspektrum sowie dem Material und der Geometrie des Messobjekts.
Ein Beispiel hierfür ist die Strahlaufhärtung. Dieser Effekt ist darauf zurückzuführen, dass sich das Strahlungsspektrum einer Röntgenröhre aus verschiedenen Frequenzen zusammensetzt. Die energiereicheren hochfrequenten Strahlungsanteile werden durch das durchstrahlte Material zu einem geringeren Anteil absorbiert als die niederfrequenten. Wie in Abbildung 41 gezeigt, bewirkt dies, dass bei großer Materialstärke energiearme Anteile des Röntgenspektrums sogar vollständig absorbiert werden können, und nur energiereiche Strahlung auf den Detektor trifft. Da der mathematische Algorithmus zur 3D-Rekontruktion jedoch gerade auf der dickenabhängigen Absorption der gesamten Röntgenstrahlung basiert, werden Materialbereiche mit großer Durchstrahlungslänge systematisch zu groß gemessen. Dieser Effekt wird als Strahlaufhärtungsartefakt bezeichnet.

Abb. 41: Strahlaufhärtung: Durch Material- und Geometrieeinflüsse werden Teile des Strahlungsspektrums unterschiedlich absorbiert. In Bereichen mit unvollständigen Spektren entstehen Messfehler.

Andere Geometrieartefakte entstehen durch Streustrahlung, die Lage der Drehachse im Bild und weitere Effekte. Abbildung 42 zeigt hierfür ein Beispiel.
Die analytische Erfassung und Korrektur dieser komplexen Zusammenhänge ist derzeit kaum möglich, zumal die entsprechenden Parameter nur teilweise oder gar nicht bekannt sind. Das gilt u. a. für die Teilegeometrie, die Materialdichte und das exakte Röntgenspektrum. Durch die Integration zusätzlicher taktiler oder optischer Sensoren können diese systematischen Messabweichungen mit ausreichender Genauigkeit gemessen und korrigiert werden. Für jedes Messobjekt muss diese Messung nur einmal und nur an wenigen relevanten Punkten erfolgen. Die Korrekturdaten werden im Messprogramm gespeichert und dann bei erneuter Messung des gleichen Objekts wieder berücksichtigt.

Abb. 42: Geometrieartefakt: Im Bereich der Seitenwand des Messobjekts wird eine geometrische Abweichung sichtbar, die in der Realität nicht vorhanden ist.

Abbildung 43 zeigt das Prinzip des beschriebenen Korrekturverfahrens. Der auftretende Geometrieartefakt kommt dadurch zustande, dass bei Rotation des quaderförmigen Messobjekts an den Ecken kürzere Durchstrahlungslängen auftreten als in der Mitte. Dies führt bei der Messung zu einer scheinbaren Balligkeit. Durch die zum Beispiel taktil gemessenen Kalibrierpunkte werden diese Abweichungen exakt erfasst. Aufbauend auf diesen Stützpunkten wird die tomografierte Punktewolke als Ganzes geometrisch korrigiert. Auf Grund des stetigen Fehlerverlaufs genügen relativ wenige Kalibrierpunkte. In Abbildung 36 auf Seite 56 sind diese Verfahrensschritte mit dargestellt. Durch die Vorgehensweise mit »Autokorrektur« sind auch beim Einsatz der Computertomografie rückführbare Messergebnisse mit spezifizierten Messunsicherheiten erreichbar.

Abb. 43: Autokorrektur: a) Messobjekt im Strahlengang; b) Gedrehtes Messobjekt im Strahlengang – Artefaktentstehung; c) Werkstück; d) Tomografieergebnis – scheinbare Aufwölbung; e) Kalibrierpunkte am Messobjekt; f) Kalibrierpunkte im Tomografieergebnis; g) Korrigiertes Tomografieergebnis; h) Messergebnis.

Unabhängig von der oben beschriebenen Verfahrensweise, ist es mit diesen Geräten möglich, besonders wichtige Maße direkt mit der optischen oder taktilen Sensorik zu messen und so das Gesamtmessergebnis zu ergänzen. Dies kann auch zur Messung besonders kleiner Merkmale angewendet werden.