Messender taktil-optischer Sensor

Die o. g. klassischen mechanischen Sensoren haben gemeinsam, dass die Signalübertragung vom Antastformelement durch einen starren Schaft zum eigentlichen Sensor (Schalter, Piezoelement) weitergeleitet wird. Da sich jede Durchbiegung des Tasters auf das Messergebnis auswirkt, ist man bestrebt, möglichst steife Schäfte zu verwenden. In Verbindung mit der verwendeten Sensorik führt dies zu relativ großen Abmessungen und Antastkräften. Praktisch liegt die untere Grenze für den Tastkugeldurchmesser bei einigen Zehntelmillimetern. Für das Messen kleiner geometrischer Merkmale sind somit solche Tastsysteme nur bedingt geeignet.
Im Werth Fasertaster werden diese Nachteile dadurch umgangen, dass der Tasterschaft lediglich zum Positionieren der Tastkugel genutzt wird. Die eigentliche Messung der Position erfolgt durch einen in das System integrierten Bildverarbeitungssensor (Abb. 22). Die Durchbiegung des Schafts ist daher nicht im Messergebnis enthalten. Mit dem an sich zweidimensionalen Prinzip des Fasertasters lassen sich auch dreidimensionale Messungen durchführen, sofern die anzutastenden Objektoberflächen mit der Fasertasterachse einen ausreichend kleinen Winkel bilden. Durch Integration einer zweiten Blickrichtung des Bildverarbeitungssensors in den Aufbau des Fasertasters (zweite Kamera oder Spiegel) lässt sich die Position der Tastkugel auch in Richtung der Faserachse ermitteln.

Abb. 22: Funktionsprinzip des Werth Fasertasters: a) 2D-Messanordnung; 3D-Messanordnung mit zweiter Kamera.

Fasertaster werden durch Ausziehen von dünnen Glasfasern und Anschmelzen von Kugeln hergestellt. Durch Montage in einer Metallkanüle wird erreicht, dass der Fasertaster gut am zu messenden Ort positioniert werden kann (Abb. 23).

Abb. 23: Werth Fasertaster mit Magnethalterung beim Messen eines Mikrozahnrads.

Führt die Glasfaser dem Antastformelement Licht zu, kann im Selbstleuchtmodus gemessen werden (Abb. 24). Es ist auch möglich, den Fasertaster im Durchlichtmodus zu betreiben. Aufgrund der kleinen Abmessungen entstehen nur sehr kleine Antastkräfte (bis zu wenigen Mikronewton). Dadurch ist ein Einsatz an besonders berührungsempfindlichen Messobjekten möglich. Der Fasertaster gehört zur Gruppe der messenden Sensoren. Deshalb ist er prinzipiell zum Scannen von Materialoberflächen geeignet.

Abb. 24: Beispiele für das Messen mit dem Werth Fasertaster im Selbstleuchtmodus. Oben: Dieselmotor-Einspritzdüse mit 200 µm Durchmesser, Eintauchtiefe 0 mm und -0,6 mm. Unten: Messung einer Bohrung mit Grat.

Am Beispiel des Fasertasters soll ergänzend das Prinzip des selbstzentrierenden Messens mit messenden Tastsystemen gezeigt werden (Abb. 25). Zur Bestimmung von Teilungsabweichungen eines Zahnrads wird eine kalibrierte Kugel in eine Zahnlücke positioniert. Aus dem Messwert des Fasertasters (Position der Kugel im Bildfeld) und den Koordinaten des Koordinatenmessgeräts ergibt sich die Position der Kugel am Zahnrad. Aus mehreren Positionen in verschiedenen Zahnlücken kann dann z. B. das Zweikugelmaß oder auch die Teilung des Zahnrads bestimmt werden. Durch Antasten der Zahnflanken kann die Flanke gemessen werden.
Aufgrund seines Wirkungsprinzips gehört der Fasertaster neben dem Bildverarbeitungssensor zu den derzeit genauesten Sensoren für Multisensor-Koordinatenmessgeräte.

Abb. 25: Oben: selbstzentrierendes Messen von Zahnrädern mit dem Werth Fasertaster im Durchlichtmodus, Tastkugeldurchmesser 180 µm. Unten: Flankenwinkelmessung im Selbstleuchtmodus.